Die Bundestagswahl steht kurz bevor und die Energiepolitik spielt eine zentrale Rolle für viele Wählerinnen und Wähler. Wie gehen die Parteien mit den Herausforderungen in diesem Politikfeld um?
Nur noch wenige Tage bis zur Entscheidung: Am 23. Februar 2025 findet die vorgezogene Bundestagswahl statt. Die Energiepolitik gehört zu den wichtigsten Themen, die die Wahlentscheidung vieler Bürgerinnen und Bürger beeinflussen. Welche Ansätze verfolgen die Parteien, um die Zukunft in diesem Bereich zu gestalten? Wir werfen einen Blick auf die unterschiedlichen Positionen.
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) setzt auf den massiven Ausbau erneuerbarer Energien, um Stromkosten zu senken und die Klimaziele zu erreichen. Zentrale Maßnahmen sind
die Deckelung der Netzentgelte auf drei Cent pro Kilowattstunde und
die dauerhafte Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß.
Für die Industrie plant die Partei weitere Entlastungen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und den Übergang zu klimafreundlicher Produktion zu fördern. Der CO2-Preis soll folgendermaßen steigen:
2025: wie geplant auf 55 Euro pro Tonne
2026: maximal 65 Euro
Ab 2027: soziale Ausgleichsmaßnahmen wie das Klimageld
Bei der Wärmeversorgung setzt die SPD auf einen Mix aus Wärmepumpen und klimaneutralen Wärmenetzen, wobei Kommunen stärker eingebunden werden sollen.
Für einkommensschwache Haushalte ist ein „soziales Wärmepumpen-Leasing“ geplant.
Die Partei fördert aktiv Energy Sharing, also die gemeinschaftliche Nutzung von Solar- und Windenergie in Dorfgemeinschaften oder durch Bürgerwindparks.
Eine Preisaufsicht soll die Bezahlbarkeit von Fernwärme sicherstellen.
Eigenheimbesitzer:innen sollen von allgemeinen Kostensenkungen bei Strom und Wärme sowie von spezifischen Förderungen für den Umstieg auf klimafreundliche Technologien profitieren.
Befristeter Steuerabzugsbetrag für den Kauf von in Deutschland produzierten E-Autos, der auch Hausbesitzer:innen beim Umstieg auf Elektromobilität zugutekommen soll.
Die SPD betont die Notwendigkeit einer europäisch koordinierten Energiestrategie und unterstützt den europäischen Green Deal, um bis 2050 klimaneutral zu werden und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung zu entkoppeln. Zwischenziel ist die Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990. Insgesamt verfolgt die SPD einen Ansatz, der Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit vereinen soll, mit besonderem Augenmerk auf die Unterstützung von Haushalten und Unternehmen beim Übergang zu einer klimaneutralen Energieversorgung.
Die Union setzt in ihrer Energiepolitik auf einen Mix aus erneuerbaren Energien, Netzausbau und technologieoffenen Lösungen, um Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu gewährleisten. Zentrale Maßnahmen sind die Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte, um Strom für alle schnell und spürbar günstiger zu machen. CDU und CSU planen den Ausbau von Netzen, Speichern und allen erneuerbaren Energien, wobei sie auch energieintensive Branchen unterstützen wollen. Die Parteien halten an der Option Kernenergie fest und wollen
die Forschung zu fortschrittlichen Reaktortypen vorantreiben und
eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke prüfen.
Die Union plant, das Heizungsgesetz der Ampel-Koalition abzuschaffen, das sie als „bürokratisches Reinregieren in den Heizungskeller“ kritisiert. Stattdessen sollen emissionsarme Wärmelösungen und Wasserstofftechnologien technologieoffen gefördert werden. Die CDU/CSU setzt auf den Emissionshandel als Hauptinstrument zur effizienten Begrenzung der Emissionsmenge und zum bestmöglichen Klimaschutz.
Neben Kostensenkungen bei Strom und Wärme ist für Eigenheimbesitzer:innen auch folgendes relevant:
die geplante Abzugsfähigkeit von energetischen Sanierungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, um die effiziente energetische Sanierung des Immobilienbestands zu fördern
der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos und die Beschleunigung der Planungsverfahren
CDU und CSU unterstützen den Clean Industrial Deal der EU-Kommission, der darauf abzielen soll, Europas Standortfaktoren durch die Förderung bezahlbarer Energie, die Unterstützung der Automobil- und Chemieindustrie sowie einen EU-Wettbewerbsfähigkeitsfonds zu verbessern. Die Union betont die Notwendigkeit einer europäisch koordinierten Energiestrategie, die Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz verbindet.
Das Bündnis 90/Die Grünen sehen in ihrer Energiepolitik die Chance, Klimaschutz mit wirtschaftlichem Fortschritt zu verbinden. Ihre zentralen Maßnahmen sind:
der massive Ausbau erneuerbarer Energien, um Klimaneutralität zu erreichen und gleichzeitig die Energiekosten zu senken
der Ausbau von Netzen und Speichern
die Förderung aller erneuerbaren und emissionsarmen Energiequellen
die Senkung von Steuern und Abgaben auf Strom
die Übernahme der Netzentgelte für überregionale Stromleitungen durch einen Deutschlandfonds, um Strom für alle günstiger zu machen
der Ausbau klimaneutraler Wärmenetze
Die Partei setzt auf den Emissionshandel als Hauptinstrument für Klimaschutz, betont aber die Notwendigkeit, diesen sozial gerecht zu gestalten. Für Eigenheimbesitzer:innen sind Förderprogramme für energetische Sanierungen und der Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme vorgesehen.
Die Grünen unterstützen den Green Deal und betonen die Notwendigkeit einer europäisch koordinierten Energiestrategie. Sie sehen in der Energiewende nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern auch eine wirtschaftliche Chance. Sie wollen Deutschland zum Vorreiter bei Zukunftstechnologien machen und sehen in der Verbindung von Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit den Schlüssel für eine erfolgreiche Energiepolitik.
Die Freie Demokratische Partei (FDP) setzt in ihrer Energiepolitik auf marktwirtschaftliche Lösungen und Technologieoffenheit, um Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit zu vereinen. Kernpunkte der FDP-Energiepolitik sind
der EU-Emissionshandel, der auf alle Sektoren ausgeweitet werden soll, und
die Senkung von Steuern und Abgaben auf Energie, um Bürger:innen und Unternehmen zu entlasten.
Bei erneuerbaren Energien favorisiert die FDP einen Ausbau ohne spezifische Quoten für einzelne Energieträger. Sie befürwortet die Forschung und Entwicklung verschiedener Technologien, einschließlich moderner Kernkraft wie Fusionsreaktoren. Die Partei will bürokratische Hürden abbauen und Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Für Eigenheimbesitzer:innen plant die FDP, energetische Sanierungen durch steuerliche Anreize zu fördern.
Die FDP will die Wahlfreiheit bei Heizungssystemen erhalten und lehnt Verbote einzelner Technologien ab. Stattdessen setzt sie auf Anreize für klimafreundliche Lösungen. Sie betont die Bedeutung von Energiesicherheit und -unabhängigkeit und unterstützt den Ausbau der Energieinfrastruktur, einschließlich LNG-Terminals und Wasserstoffnetzen.
Die Alternative für Deutschland (AfD) positioniert sich klar gegen die aktuelle Energiewende und fordert stattdessen einen Energiemix, der neben erneuerbaren Energien auch konventionelle Energieträger wie Kohle, Kernkraft und Gas beinhaltet. Sie argumentiert mit der Unverzichtbarkeit grund- und spitzenlastfähiger Energie und dem Mangel an ausreichenden Speichermöglichkeiten für erneuerbare Energien. Zentrale Punkte im Energieprogramm der Partei sind:
die Verlängerung der Laufzeiten der Kohlekraftwerke
der Wiedereinstieg in die Nutzung der Kernenergie
die Reparatur und Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines
die Wichtigkeit einer Rückkehr zu russischem Gas als günstigste Option der Energieversorgung
Die AfD lehnt die CO2-Bepreisung ab und fordert die Abschaffung der CO2-Abgabe. Gleichzeitig strebt sie eine Reduzierung der Energiesteuer und eine Senkung der Stromsteuer auf das Minimum an. Sie lehnt die Einschränkungen für den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen ab und fordert Wahlfreiheit für Hausbesitzer:innen bei der Wahl ihres Heizsystems.
Die AfD kritisiert insbesondere den Ausbau der Windenergie und will steigende Netzentgelte durch einen Ausbaustopp verhindern. Internationale Klimaschutzabkommen wie den Green Deal der EU lehnt die AfD als wirtschafts- und wettbewerbsschädigend ab.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kritisiert die aktuelle Energiepolitik als teuer und versorgungsunsicher. Es fordert daher
das Abschaffen des Heizungsgesetzes und des Verbrenner-Verbots
Technologieoffenheit, einschließlich der Entwicklung effizienter Verbrennermotoren und alternativer Kraftstoffe
das Ende der CO2-Bepreisung
wettbewerbsfähige Energiepreise, unter anderem durch Wiederaufnahme von Gasimporten aus Russland
den Erhalt der Gasnetze als langfristige Rückfalloption, etwa bei langen Dunkelflauten
ein „Repowering“-Programm für Windanlagen: alte Windräder sollen durch neue, leistungsfähigere Anlagen ersetzt werden, um an bestehenden Standorten ohne zusätzliche Eingriffe in die Natur mehr Strom erzeugen zu können
die Förderung von Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden, Parkplätzen und Werkshallen
Das BSW will Energiegenossenschaften unterstützen und das Potenzial von Fernwärme und Geothermie ausbauen. Damit wird das Ziel verfolgt, die Geothermie-Nutzung bis 2030 von 10 auf 100 Terawattstunden zu steigern. Die Partei will die Stromnetze verstaatlichen und Netzentgelte minimieren, um Kosten für Verbraucher:innen zu senken. Weitere Punkte aus dem Programm des BSW sind:
die Notwendigkeit von Innovation und die Erhöhung der Forschungsausgaben bis 2030 auf mindestens vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts
kein Neubau konventioneller Atomkraftwerke und aktuell auch Mini-Reaktoren, aber Forschung zur Kernfusion
die Globalisierung des europäischen Emissionshandels oder das Werben Deutschlands für dessen Abschaffung auf EU-Ebene
Das BSW argumentiert, dass ein europäischer Alleingang dem Klima nicht hilft, aber zum Niedergang der heimischen Industrie und zur Abwanderung, insbesondere energieintensiver Branchen, führt.
Die Linke verfolgt in ihrer Energiepolitik einen sozial gerechten und klimafreundlichen Ansatz. Ihr Ziel ist eine umfassende Energiewende, die Energiepreise senkt und gleichzeitig den Klimaschutz vorantreibt. Zentrale Punkte in ihrem Energieprogramm sind:
der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere Solar- und Windkraft
keine Nutzung von Kohle- und Kernkraft
eine unabhängige Preisaufsichtsbehörde zur Stabilisierung der Energiepreise
eine Übergewinnsteuer von 90 Prozent auf außerordentliche Gewinne von Energiekonzernen
sozial gestaffelte Energiepreise für Verbraucher:innen mit günstigen Sockeltarifen für den Durchschnittsverbrauch und progressiv steigenden Kosten bei höherem Verbrauch
ein Verbot von Strom- und Gassperren
die Einrichtung eines Fonds zur unbürokratischen Übernahme von Heizkosten in Notfällen
die Einführung eines sozialen Klimagelds von jährlich 320 Euro pro Person als Direktzahlung, das an die Entwicklung der CO2-Preise angepasst werden soll
gleichbleibende Warmmieten bei Sanierungen und Heizungstausch
die Abschaffung der Modernisierungsumlage
eine stärkere Förderung energetischer Sanierungen
Die Linke übt Kritik an der bisherigen Klimapolitik der Ampel-Koalition, die sie als ungerecht und ineffektiv bezeichnet. Stattdessen fordert sie eine Klimapolitik, die Konzerne und Großverbraucher stärker in die Pflicht nimmt. Um die Energiewende zu beschleunigen, plant die Partei Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien und in die Infrastruktur. Dabei soll besonders auf eine gerechte Verteilung der Kosten und Nutzen geachtet werden, um die finanzielle Belastung für Eigenheimbesitzer:innen und Mieter:innen mit niedrigen und mittleren Einkommen zu begrenzen.